Interview mit unserem Botschafter Patrick Korte

Junge Erwachsene

Patrick Korte – Ein Boxer macht sich stark für uns! Der Bundesverband Skoliose hat einen prominenten BOTSCHAFTER!

Ich bewundere die Arbeit des Bundesverband Skoliose-Selbsthilfe e. V. Dadurch finden viele Betroffene eine Anlaufstelle, um sich auszutauschen und mögliche Hilfen zu finden/bekommen.
Ich habe selbst 2 Töchter, die nicht unter einer Skoliose leiden. Dennoch liegt es mir sehr am Herzen, solche Arbeit zu unterstützen. Auch, wenn ich selbst nicht betroffen bin, haben die Betroffenen und ich eine Gemeinsamkeit: Wir alle sind Kämpfer – ich im Ring und Ihr im Umgang mit der Skoliose!

Wer könnte unser Motto „Besser leben mit Skoliose: Wir machen uns stark dafür!“ erfolgreicher und nachhaltiger unterstützen als ein Schwergewicht? Wir sind glücklich und stolz, dass wir mit Patrick Korte, Profiboxer und Deutscher Meister 2017 im Schwergewicht (GBA) und von seinen Fans liebevoll „Big Patrick“ genannt, prominente Unterstützung genießen. Der 1,90 m große Sportler und Familienvater ist seit März dieses Jahres Botschafter des Bundesverbandes Skoliose-Selbsthilfe e. V. Mit ihm an unserer Seite haben wir die Schlagkraft und Power, die Skoliose in der Gesellschaftbekannter zu machen. Wir freuen uns auf eine gemeinsame und erfolgreiche Zusammenarbeit!
Im März unterlag Patrick Korte dem Weißrussen Andrej Mazanik im Kampf um den vakanten Internationalen Deutschen Meistertitel der German Boxing Association. Diese Niederlage hat ihn nicht entmutigt, sondern angespornt, noch intensiver die Vorbereitungen für den nächsten Kampf aufzunehmen. Bestens vorbereitet hat der Essener Profi dann am 16. Juni 2018 in der 3. Essener Boxing Fight Night den Kampf in der zweiten Runde durch technisches KO für sich entschieden und gewonnen.

Stephanie Videcius: Hallo Patrick, an dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch von uns allen zum Sieg am 16. Juni 2018 in der 3. Essener Boxing Fight Night! Die Mühen im Vorfeld im Training haben sich gelohnt! Auf Facebook und unserer Homepage haben wir Dich bereits als unseren neuen BOTSCHAFTER willkommen geheißen, nun auch in unserer Verbandszeitschrift. Gerne möchten wir mehr über Dich erfahren und ich habe schon eine lange Liste an Fragen.

Patrick Korte: Vielen Dank für die Glückwünsche! Dann legen wir los mit den Fragen.

S. V.: Mit wie viel Jahren hast Du mit dem Boxsport angefangen?

P. K.: Ich habe mit 15 Jahren mit dem Boxen angefangen und meine Begeisterung dafür entdeckt. Mit 5/6 Jahren habe ich bereits mit Kampfsport angefangen, mit Judo und Taekwondo. Dann ging ich zum Kraftsport über und eben mit 15 Jahren, recht spät, bin ich zum Boxen gekommen.

S. V.: Wie war die Reaktion Deiner Eltern, als sie von Deinen Plänen als Profi-Boxer erfuhren?

P. K.: Das mit dem Profiboxen kam eigentlich erst, als ich schon so alt war, dass es für meine Eltern kein großes Thema mehr war. Mit 15 Jahren habe ich wie gesagt mit Boxen angefangen, ca. 3,5 Jahre als Amateur geboxt und meine Kämpfe überwiegend gewonnen. Mit 18 Jahren habe ich mich dann aus dem Boxsport wegen mangelnder Gegner und eher schlecht organisierter Kämpfe zurückgezogen. Dann kamen 10 Jahre Pause. 2013 habe ich wieder als Amateur-Boxer angefangen und bin dann 2015 zu den Profis gewechselt.

S. V.: Und was war der Auslöser dafür, zu den Profis zu wechseln?

P. K.: Klar, als Kind hat man große Träume und denkt direkt ans Profiboxen. Zu dem Zeitpunkt unerreichbar. In der 10-jährigen Unterbrechung habe ich Kraftsport gemacht, natürlich auch zwischendurch geboxt, aber nicht wirklich aktiv. 2013 hatte ich dann mit meinem alten Trainer, der mich schon als Jugendlicher im Amateurbereich trainiert hat, direkt nach drei Monaten meinen ersten – und auch letzten – Kampf als Amateur. 2014 hatte mein Trainer einen schweren Herzinfarkt und konnte den Trainerjob nicht mehr ausüben.
Quasi über Nacht habe ich darauf den Entschluss gefasst, in den Profibereich zu wechseln. Schon ein halbes Jahr später bin ich dann tatsächlich mit einem neuen Trainer im Profibereich gestartet.

S. V.: Dann wärst Du vielleicht ohne den Herzinfarkt des alten Trainers gar nicht in den Profibereich gekommen?

P. K.: Richtig. Es ist so, dass es zwischen den beiden Verbänden Amateur/Profi strikte Trennungen gibt. Als Profi-Trainer darf man keine Amateure trainieren und umgekehrt. Somit hätte ich den Weg, den ich letztlich eingeschlagen habe, gar nicht mit meinem ersten Trainer gehen können. Ohne den Zwang, mir einen neuen Trainer zu suchen, wäre der Gedanke an einen Wechsel in den Profisport aber auch gar nicht aufgekommen, Profi zu werden.

S. V.: Hattest/Hast Du ein Vorbild?

P. K.: Bei Boxern gibt es echte Unterschiede: Zum Beispiel gibt es Mike Tyson, der mich durch seinen Boxstil beeindruckt hat. Dann denke ich natürlich an die Klitschko's, nicht nur wegen des Boxens, sondern an das Gesamtpaket der beiden. Sie sind quasi aus dem Nichts gekommen und haben sich mit viel Disziplin ganz weit nach oben gekämpft.

S. V.: Wie viel Stunden trainierst Du in der Woche? Wie sieht das Training aus?

P. K.: In der Vorbereitung, möglichst zehn Wochen vor einem Kampf (wenn wir die Zeit überhaupt haben) trainiere ich sechs Tage die Woche morgens und abends circa 1,5-2 Stunden. Ich arbeite halbtags in einer Stiftung, die psychisch kranke Kinder betreut; davor habe ich in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet. Bei Arbeitszeiten von 14:00-18:00 Uhr, die ich jeweils vereinbaren konnte, ist so ein Training möglich. Das sieht in der Summe von den Trainingszeiten her viel aus, aber zwischen Training und Arbeit bin ich immer wieder kurz zu Hause. Und ehrlich gesagt, ist der Sport auch mein Hobby! Wenn es mir keinen Spaß machen würde, hätte ich dieses Pensum gar nicht.
Neben Boxen und Kraftsport muss ich auch viel für meine Kondition tun. Das Konditionstraining macht fast noch mehr aus als alles andere. Drei bis viermal pro Woche laufe ich bis zu zehn Kilometer. Dazu habe ich einmal pro Woche noch ein Schwimmtraining als Ausgleichssport für andere Bewegungsabläufe. Diese Abwechslung ist neben dem Training mit Gewichten oder Boxen oft eine richtige Wohltat.

S. V.: Bleibt bei dem doch wohl harten Training noch genügend Zeit für die Familie? Du hast zwei Töchter, richtig?

P. K.: Das stimmt. Ich habe zwei Töchter, die eine ist neun und die andere fast drei Jahre alt. Sonntag ist unser fester Familientag, da ist trainingsfrei und steht die Familie ganz klar an erster Stelle. Wobei ich den Vorteil habe, dass ich auch in der Woche zwischendurch, vor und nach den Trainingszeiten, zu Hause bin und die Familie sehe.

S. V.: Du sagst, Du arbeitest in der Betreuung psychisch kranker Kinder. Was genau machst Du da?

P. K.: Früher habe ich schon im Jugendzentrum ehrenamtlich Kinder und Jugendliche trainiert. Darunter waren auch zum Teil schwierige Kinder, denen das Boxen richtig gut getan hat. Der Leiter der Stiftung, in der ich jetzt arbeite, hat mich deshalb angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, das auch beruflich zu machen. Das hieß dann, ein Sportangebot für psychisch kranke Kinder zu stellen und sie sportlich zu betreuen.
Manche Jugendliche treten durch die Erkrankung auch sehr aggressiv auf und bringen damit die Betreuer in körperliche Schwierigkeiten. Ich bringe dann durch meine körperliche Dominanz in die Situation etwas Ruhe hinein, so dass sie sich zurücknehmen müssen und die Aggression nicht voll ausleben. Ich stelle somit den manchmal erforderlichen „Personenschutz“ für die Betreuer und finde durch den Sport einen Zugang zu den Jugendlichen. Das ist eine prima Kombination.
Die Betreuung der Jugendlichen findet nach der Schule statt. Daher habe ich auch die für mich guten Arbeitszeiten nachmittags vereinbaren können, so dass ich morgens und abends trainieren kann und auch Zeit für die Familie habe.

S. V.: Hattest Du jemals Angst, in einem Kampf ernsthaft verletzt zu werden?

P. K.: Vor Verletzungen oder Schmerzen in einem Kampf habe ich keine Angst, nein.

S. V.: Was waren Deine größten Erfolge?

P. K.: Ich bin bei den Profis letztes Jahr im Oktober 2017 Deutscher Meister im Schwergewicht geworden, das ist bisher mein größter Erfolg. Im März 2018 wollte ich bei der „Internationalen Deutschen Meisterschaft“ den Titel erweitern. Das hat leider nicht geklappt. In der nationalen Deutschen Meisterschaft darf nur boxen, wer die Deutsche Staatsbürgerschaft hat. Das Feld ist allerdings sehr klein, weil viele Boxer einen Migrationshintergrund haben. Bei der „Internationalen Deutschen Meisterschaft“ ist das Teilnehmerfeld erweitert: Jeder in Deutschland lebende Profiboxer darf da mitmachen, auch ohne deutschen Pass. Dies wurde vor einiger Zeit ins Leben gerufen, damit mehr Boxer eine Chance haben.

S. V.: Hast Du ein Ziel, das Du auf alle Fälle erreichen möchtest?

P. K.: Ja klar: So weit kommen wie möglich. Ich bin schon Realist; was die sportliche Laufbahn betrifft, bin ich nicht mehr der Jüngste. Die Weltmeisterschaft wäre schon super, alleine nur schon um den Titel zu kämpfen, dabei zu sein. Als Ziel habe ich mir die Europameisterschaft gesetzt. Das wäre für mich noch erreichbar, denn bis circa 40 will ich boxen, ein Jahr mehr oder weniger. In diesen nächsten sechs Jahren bis dahin könnte das möglich sein.

S. V.: Was ist Dein größter Wunsch?

P. K.: Mein größter Wunsch ist nicht nur, das gesteckte Ziel zu erreichen, sondern auf dem Weg bis dahin schon erfolgreich zu sein, möglichst verletzungsfrei, ohne Niederlagen.

S. V.: Hast du als Boxer vor irgendetwas Angst?

P. K.: Angst als Boxer? Ich habe keine Angst vor den möglichen Schlägen, Schmerzen oder Verletzungen. Ich habe nur Angst vor der Niederlage an sich.

S. V.: Gibt es für Dich eine spezielle Ernährung vor dem Training bzw. vor dem Kampf?

P. K.: Ich ernähre mich im Training sechs Tage die Woche komplett nach Plan. Das heißt mit einem hohen Eiweißgehalt, sehr wenig Kohlenhydrate, keine Süßigkeiten, und ich sündige nicht einmal. Sonntag habe ich den „Cheatday“. Das ist mein trainingsfreier Tag, an dem ich alles esse, was mir in die Quere kommt (lacht).
Das Grundpensum der Nahrung wird in der Summe über die ganze Woche gerechnet. Der Stoffwechsel fährt herunter, wenn weniger Nahrung zugeführt wird. Dann macht es auch nichts, wenn man einen Tag „cheatet“/schummelt. Der Körper setzt so schnell trotzdem kein Fett an und gibt dem Stoffwechsel gerade mal einen Anstoß, wieder in Schwung zu kommen. Diesen Essensplan kenne ich noch aus dem Kraftsport und habe ihn für das Boxen übernommen.

S. V.: Wie bist Du dazu gekommen, Dich als Botschafter für unseren Verband zur Verfügung zu stellen? Hattest Du schon Berührungspunkte mit der „Skoliose“?

P. K.: Ich war immer schon sozial engagiert, versuche das auch so oft und so gut wie möglich zu machen. Die Vorstellung, als Boxer durch Öffentlichkeitsarbeit Betroffenen zu helfen, auch ohne selber betroffen zu sein, finde ich toll. Deshalb möchte ich mit Euch gemeinsam so viele Menschen wie möglich erreichen.
Ich kenne zum Beispiel ein Mädchen, das körperlich und geistig behindert ist, also Mehrfachbehinderungen hat, u.a. auch eine Skoliose, die versteift wurde. Daher ist mir die Skoliose nicht neu. Bei meiner großen Tochter hatte der Kinderarzt auch den Verdacht auf eine Skoliose geäußert, der Orthopäde hat aber Entwarnung gegeben.

S. V.: Ich glaube, dass Du gerade auch für Jugendliche, die ein Korsett tragen, damit die Skoliose aufgehalten/korrigiert wird, ein tolles Vorbild sein kannst. Nur 2-3x tragen reicht nicht, um auf Dauer den „Kampf“ gegen die Skoliose zu gewinnen. Da ist Durchhaltevermögen angesagt, wie auch stetiges Training, Aufbau von Muskulatur. Wie motivierst Du Dich zum Training, auch wenn Du mal überhaupt keine Lust dazu hast?

P. K.: Ich motiviere mich eigentlich ganz einfach. Wenn ich trainiere und keine Lust mehr habe, dann sage ich mir: „Wenn ich jetzt aufhöre zu trainieren, dann verliere ich meinen nächsten Kampf! Nur wenn ich weitermache, kann ich mich verbessern!“ Mein Ehrgeiz, meine Selbstdisziplin ist wirklich groß. Man muss sich aber auch mit seiner Psyche auseinander setzen.

S. V.: Deine Niederlage im März hat Dich nicht den Kopf hängen lassen, sondern angespornt, Dich auf den nächsten Kampf noch besser vorzubereiten. Was treibt Dich an?

P. K.: Die Niederlage im März hat mich schon ganz schön umgehauen und ich hatte schwer daran zu knacken. Aus dem Tief heraus wollte ich allen zeigen und beweisen, dass es nur ein Ausrutscher war. Das hat mir dann so einen Motivationsschub gegeben, dass ich noch härter trainiert habe und dadurch noch mehr Leistung aus mir herausholen konnte.

S. V.: Vielen Dank, Patrick, für das tolle, offene, informative und motivierende Interview! Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg!